Same same but different
Dauer: 21.04 - 08.07.2018
Künstler*innen: Claudia Barcheri, Ingrid Hora, Loredana Longo, Christian Martinelli, Ignazio Mortellaro, Studio++
Kurator*innen: Laura Barreca, Christiane Rekade
Kunst Meran Eröffnung: Freitag, 20. April 2018, 19 Uhr
Performance von Ingrid Hora mit der Volkstanzgruppe Untermais
Museo Civico di Castelbuono, Eröffnung
Sonntag, 6. Mai 2018, 12 Uhr
Performance von Ingrid Hora mit Eselinnen von Castelbuono
Die Gruppenausstellung Same same but different ist das Produkt einer Zusammenarbeit von zwei Institutionen, die sich in der nördlichsten und der südlichsten Region Italiens befinden: Kunst Meran Merano Arte (Südtirol) und Museo Civico di Castelbuono (Palermo). Die Ausstellung ist ein Versuch die soziokulturellen und anthropologischen Dynamiken der beiden Regionen aufzuzeigen, die ganz Italien betreffen. Dabei sollen die Unterschiede und die Komplexität des Landes untersucht werden. Hierfür wurden drei Künstler für jede Region eingeladen: Claudia Barcheri, Ingrid Hora und Christian Martinelli für Südtirol; Loredana Longo, Ignazio Mortellaro und Studio++ für Sizilien.
Die Ausstellung wird parallel in Meran und in Castelbuono stattfinden. Alle Künstler müssen beide Orte und deren unterschiedliche Raumsituation im einem Dialog zusammenführen.
Die Ausstellung in Castelbuono wird im Rahmenprogramm der europäischen Kulturhauptstadt Palermo und bei Manifesta 12 eingegliedert.
Ausgehend von den zwei historisch und geografisch grundsätzlich verschiedenen Realitäten untersuchen die Künstler*innen die soziologischen, kulturellen und anthropologischen Gegebenheiten der beiden Regionen, zeigen aktuelle Veränderungen auf und reflektieren Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Dabei beschränken sich die Überlegungen keinesfalls ausschließlich auf diese beiden Regionen Italiens, vielmehr reflektieren sie Themen und Debatten, die gegenwärtig die ganze Republik Italien und darüber hinaus auch Europa und den Mittelmeerraum beschäftigen. Neben ihrer Position als Grenzregionen nehmen sowohl Südtirol als auch Sizilien eine Schlüsselstelle zwischen Nord und Süd ein: Während Südtirol Italien mit Zentraleuropa verbindet, ist Sizilien im Mittelmeerraum im Zentrum der aktuellen geopolitischen Umwälzungen.
Same same but different möchte neue Perspektiven auf die Grenzregionen Italiens eröffnen und zur Reflexion über die Vielfalt und die Komplexität dieses Landes anregen. Die präsentierten Projekte machen deutlich, dass sich Dynamiken und Entwicklungen zwischen Südtirol und Sizilien im ganzen Land beobachten lassen und so durchaus Parallelen zur globalen Situation aufweisen. So beispielsweise in Fragen der Integration oder Ausgrenzung, der Gastfreundschaft und der kulturellen Unterschiede: Welche Identität kann man heute in Europa und innerhalb seiner einzelnen Nationen haben? Welche Veränderungen lassen sich international beobachten? Worin finden die Konzepte von Identität, Nation und Grenzen heute ihre Entsprechungen? Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten gibt es innerhalb des italienischen Staates zwischen dem Norden und dem Süden?
Der Titel der Ausstellung geht auf die englisch-thailändische („tinglische“) Redewendung „gleich, gleich, aber unterschiedlich“ zurück, die mittlerweile international gebräuchlich geworden ist. Im Vorfeld der Präsentation haben zwei Treffen – jeweils eines in Meran und in Castelbuono – stattgefunden, in denen die Künstler*innen sich untereinander, aber auch die beiden Regionen kennenlernen konnten. Dabei fanden Begegnungen mit Menschen aus verschiedenen Sparten statt. So gab es Treffen mit Historiker*innen, Restaurator*innen, Politiker*innen etc. Die von den Künstler*innen entwickelten Projekte gehen teilweise auch auf diese Erfahrungen zurück und reflektieren diese Begegnungen.
Claudia Barcheri (geboren in Bruneck, lebt in München) entwickelt, ausgehend von der Grafik des italienischen Passes, eine Serie von dreidimensionalen Arbeiten. Dabei reflektiert die Künstlerin das Thema der Herkunft und Zugehörigkeit aus ihrer persönlichen Situation als deutschsprachige Südtirolerin in Italien. Barcheri führt das Hintergrundmuster des Passes mit dem eingeschriebenen „Repubblica Italiana“ in einem ornamentalen Gipsrelief weiter, das sie in den jeweiligen Museumsräumen ortsspezifisch installiert.
Ingrid Hora (geboren in Bozen, lebt in Berlin) fügt folkloristische, historische und soziale Elemente aus beiden Regionen zu einer abstrakt-absurden Installation zusammen. Ausgangspunkte ihrer Recherchen sind die Milchbäuerinnen in Südtirol und die Eselinnen, die in Castelbuono seit mehreren Jahren in einem ökologisch-sozialen Projekt erfolgreich für die Müllabfuhr eingesetzt werden. In zwei ortsspezifisch entwickelten Performances werden die Geschichten der Eselinnen und Bäuerinnen verbunden.
Loredana Longo (geboren in Catania, lebt in Mailand) weist mit ihrer Installation Noi / Loro, Loro / Noi auf die in ganz Europa immer stärker werdende Tendenz des permanenten Unterscheidens von „wir“ und „die anderen“ in Bezug auf Herkunft, soziale, politische, geschlechtliche oder amtliche Merkmale hin.
Christian Martinelli (geboren in Meran, lebt in Innsbruck und Meran) präsentiert eine Auswahl aus der Fotoserie Confini. Für diese fuhr Martinelli mit einem zur Dunkelkammer umfunktionierten Wohnwagen die gesamte italienische Grenze ab und fotografierte mit einer ebenfalls von ihm entwickelten enormen Camera Obscura den Horizont. Das Ergebnis seiner Arbeit ist weniger eine dokumentarische Wiedergabe der Grenzen und Landstriche als vielmehr eine poetisch-abstrakte Annäherung an die Idee der Grenze.
Ignazio Mortellaro (geboren in Palermo, lebt ebenda) beschäftigt sich immer wieder mit der Idee des Ab- und Ausmessens und greift für seine Arbeit auf die Maßeinheiten zurück, die vor der Einführung des Meters im Einsatz waren, hauptsächlich durch die Maße des menschlichen Körpers definiert worden sind (so zum Beispiel die Länge des Armes, des Fußes oder der Hand) und sich von Region zu Region unterschieden. Anhand der alten Maßeinheiten und der folgenden Vereinheitlichung reflektiert Mortellaro die italienische Einheit und im übertragenen Sinn die Vorteile von Einheiten und Vereinheitlichungen.
Das Künstlerkollektiv Studio ++ mit Sitz in Florenz entwickelt die ursprünglich als Web-Projekt entstandene Arbeit navigare weiter. navigare überträgt die Bilder einer auf dem Bug eines internationalen Kreuzfahrtschiffes installierten Webcam in den Ausstellungsraum. Die Arbeit ist eine Reflexion über das Navigieren als Instrument und Metapher des Wissens und wird nun für die beiden Ausstellungen erstmals materialisiert.
Zur Ausstellung erscheint eine Publikation in deutscher, italienischer und englischer Sprache.