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Werdende Wahrzeichen – Architektur- und Landschaftsprojekte für Graubünden“ und Südtirol

Eröffnung: 09.02.2007
Dauer: 10.02 - 15.04.2007
Künstler*innen: Victor Alimpiev, Vika Begalska, Olga Chernysheva, Anna Jermolaewa, Anastasia Khoroshilova, Anatoly Osmolovsky u.a.
Kurator*innen: Ariana Pradal, Köbi Gantenbein, Susanne Waiz

Es scheint verwegen, wenn Südtirol sich mit Graubünden, einem Mekka der zeitgenössischen Architektur und einem Vorbild im Umgang mit der Ressource Landschaft messen will. Die von Ariana Pradal und Köbi Gantenbein zusammengestellte Ausstellung versammelt 20 Projekte aus dem Schweizer Kanton: vom 105 Meter hohen Hotelturm auf der Schatzalp über Davos bis zur sanften Sanierung von verfallenen Ställen im Safiental, von der sogenannten Porta Alpina, dem Megaprojekt für die Verbindung des Gotthardtunnels mit der Surselva, bis zur gerade elf Meter langen Steinbrücke für die Via Spluga. Die Werdenden Wahrzeichen sind zu vier Inseln gruppiert: Wasserlandschaft, Fremdenlandschaft, Landschaftsfahrt und Parklandschaft. Zumeist sind es keine Wahrzeichen im engeren Sinn des Wortes, sondern vielmehr „gesellschaftliche, ökonomische und baukünstlerische Zuversichten“, wie Köbi Gantenbein in seinem Beitrag zur Ausstellung schreibt. Sie sind kulturell bemerkenswert und daher diskussionswürdig. Wenn sie die Hürden bis zur ihrer Realisierung schaffen, werden sie die zukünftige Landschaft Graubündens prägen.

Zweifellos wird im Kanton Graubünden noch viel mehr gebaut, das diese Qualitäten nicht hat. Ein „Tränenmeer der Architektur“ nennt Gantenbein etwa die Bauten für den Tourismus und auch in Graubünden schlägt der Tiefbau mit seinen unerschöpflichen Geldmitteln breite Schneisen durch die Landschaft. Den massiven wirtschaftlichen Interessen versuchen Raumplanungs-, Umweltschutz- und Baugesetze entgegen zu wirken. Architekturwettbewerbe fördern die Qualität der

Projekte und auch die Diskussion darüber. Auf diese Weise entsteht doch das eine oder andere Wahrzeichen.

Und was passiert in Südtirol? Im Gross betrachtet kann die Situation wohl nur in Minusgraden bewertet werden: gesetzliche Regulative wie Volksabstimmungen oder Einsprachen haben hier keine Tradition, das Landesraumordnungsgesetz ist nun bereits seit einem Jahrzehnt zur Unbrauchbarkeit verwässert. Die Ausbeutung der Landschaft gilt in der Regel als wirtschaftlich opportun. Die dazu notwendigen Eingriffe sind ebenso massiv wie banal und anspruchslos. Und doch sind in Südtirol in den letzten Jahren auch einige wichtige Bauten entstanden: Beiträge zur Baukultur und zum Landschaftsbild, die Gefahr laufen im breiten Baugeschehen übersehen zu werden, Resultate von Planungswettbewerben der öffentlichen Verwaltung und Projekte, die ihre Entstehung der Unbeirrbarkeit sensibler Einzelpersonen oder engagierter Vereine verdanken. Sie knüpfen an, wo soziale und kulturelle Traditionen zum Alpenkitsch verkommen, sie machen historische Zusammenhänge wieder ablesbar und arbeiten Geschichte auf. Sie reagieren auf ihren Kontext.

In Südtirol gesellen sich zu den vier Inseln der Graubündner Ausstellung zwei weitere Themen: die Grenzlandschaft  und die Sprachlandschaft.

Noch prägen die Wohnhochhäuser für das Bahnpersonal, die Zollhäuser und Grenzkontrollhäuser die geschichtsträchtige Grenze am Brenner. Doch für die meisten der hier versammelten Zeitzeugen ist die Zeit bereits abgelaufen. Durch das Abkommen von Schengen haben sie ihre Funktion verloren, neue Nutzungen drängen nach und es scheint, dass mit den Gebäuden auch schmerzhafte Erinnerungen ausgelöscht werden sollen. Ob sich unter den neuen Projekten auch „Werdende Wahrzeichen“ befinden oder ob bloß vorhandene Wahrzeichen zerstört werden, bleibt abzuwarten.

Den Fokus auf Südtirol und seine Wahrzeichen haben auch die beiden Südtiroler Künstler Johannes Inderst mit einer Reihe von Landschaftsbildern und Heinz Mader mit dem Kurzfilm „Carabinieri con/fine al Brennero“ gerichtet. Beide Arbeiten sind Teil der Ausstellung.

 

Installation