Nibelungen: I M A G I N E W O R L D S - damals, später, heute
Dauer: 24.02 - 19.05.2024
Künstler*innen: Astha Butail, Julia Bünnagel, Andrea Canepa, Zuzanna Czebatul, Margret Eicher, Nadine Fecht, Philipp Fürhofer, Jeppe Hein, John Isaacs, Kubra Khademi, Alexander Kluge & Jonathan Meese, Oliver Laric, Kris Lemsalu, Philip Loersch, Tim Noble & Sue Webster, Mirja Reuter und Florian Gass (Künstlerisches Beteiligungsprojekt), Nasan Tur.
kuratiert von: Harald F. Theiss
Am 23. Februar eröffnet diesjährige Ausstellungssaison bei Kunst Meran mit einem Gemeinschaftsprojekt mit der Akademie Meran und dem Festival Sonora, NIBELUNGEN: die rückkehr, in dem die von Harald F. Theiss kuratierte Ausstellung
I M A G I N E W O R L D S - damals, später, heute zu sehen sein wird. Im Zentrum dieses interdisziplinären Projekts zwischen Kunst, Literatur und Musik steht eine antike Handschrift des Nibelungenliedes, die in Südtirol (Latsch im Vinschgau) gefunden wurde und sich heute im Besitz der Staatsbibliothek zu Berlin befindet.
Das Nibelungenlied ist das bedeutendste literarische Epos des deutschen Mittelalters. Um 1200 aus verschiedenen mündlich überlieferten Sagen entstanden, vereint es zwei verschiedene Handlungsfäden. Der erste erzählt von den Heldentaten Siegfrieds, wie dem Kampf gegen den Drachen und der Eroberung eines Schatzes von außergewöhnlichem Wert. Diese Erzählung hat ihre Wurzeln teilweise in skandinavischen Sagen des Früh- und Hochmittelalters. Der zweite handelt von dem Untergang der Burgunden und ist dadurch mit historischen Ereignissen in Verbindung zu bringen.
Die Ausstellung I M A G I N E W O R L D S ergründet mit künstlerischen Mitteln die gesellschaftspolitische Relevanz und identitätsstiftende Funktionen und setzt dabei auf die Begegnung von Bild- und Schriftsprache. Mit zeitgenössischen Kunstwerken und einem Beteiligungsprojekt erlaubt sie kritische Reflexionen, Kontextualisierungen und Reenactments nicht nur tradierter Erzählungen. Sie befragt das kollektive Gedächtnis und das Verhältnis von Konstruktion und Dekonstruktion eurozentristischer Mythen in Zeiten einer postkolonialen und postmigrantischen Neuordnung der Welt. Im Kontext gesellschaftlicher Konzepte werden Vorstellungen darüber thematisiert, wie etwas gewesen sein könnte, später war oder jetzt ist. Dabei geht es auch um die Entstehung neuer Selbst- und Fremdbilder. Die Schau schafft Bezüge zur Herausbildung klassischer Heldenbilder in ihren zeitgenössischen medialen Erscheinungsformen, aber auch zu veränderten Formen von Geschlechterrollen. Vor allem das Ideal der höfischen Liebe stellt eine Wertvorstellung dar, die bis heute gesellschaftliche Normen prägt und deren tiefere Beschäftigung Aufschluss über jüngere kulturelle Handlungen geben kann, so auch auf queerfeministische Institutionskritik und genderspezifische Zuschreibungen und Perspektiven.
I M A G I N E W O R L D S ist mehr assoziatives Gedankenspiel als Reproduktion des Epos' mit neuen Bildern. Mit der Kunst des Andeutens und Verweisens spekuliert die Ausstellung vielmehr über die Ambivalenz von Mythen, über das Verschwinden und Entstehen neuer Geschichten oder Mythenbildungen. Auf einer Art begehbarer Bühne erscheinen künstlerische Neuschöpfungen, die Varianten über kulturellen Wandel und Konzepte zur Gestaltung von Gesellschaften weitererzählen. Mittels der Werke, die nicht nur aus der Sprache kommen, hat die Ausstellung Mut zu Leerstellen. Diese können in einer sich neu ordnenden Wirklichkeit anhand der textbasierten und medialen Kunst, aber auch anhand des Beteiligungsprojektes, der Malerei, der Zeichnungen und skulpturalen Objekte weitergedacht werden können. Auf diese Weise ermöglichtI M A G I N E W O R L D S eine differenzierte Betrachtung von Mythen und verweist dabei auf die Bedeutung und den Wandel von (Hand-)Schriften und Autor*innenschaft sowie auf die Rezeptionsgeschichte und -ästhetik, Entmystifizierung und Genderkonstruktionen - damals, später und heute...
Künstlerisches Beteiligungsprojekt
MIRJA REUTER & FLORIAN GASS Die Nibelungenmelodie. Eine Befragung in mehreren Âventiuren
2024 Künstlerisches Beteiligungsprojekt mit der Klasse 2B der Mittelschule Peter Rosegger
Courtesy Mirja Reuter, Florian Gass, Klasse 2B
Eine Erzählung wird aufgeschrieben, später übersetzt, gedeutet, neu erzählt und weiterentwickelt. Genauso ist es auch mit dem Nibelungenlied: Über Jahrhunderte hinweg sind Interpretationen entstanden, die unlösbar mit dem Text verwoben sind. Auch im Rahmen des Beteiligungsprojektes wurde das Nibelungenlied interpretiert und die Rezeptionsgeschichte um diese zeitgenössische Fassung erweitert. Gemeinsam mit der Klasse 2B der Mittelschule Peter Rosegger wurde die Nibelungen-Handschrift aus Obermontani in Text und Bild befragt. Was hat dieses Schriftstück mit uns heute noch zu tun? Was hat es auf seinem Weg erlebt und welches Bild vom deutschen Heldenepos gilt es zu hinterfragen? In einer medienübergreifenden künstlerischen Forschung näherten sich die Schüler*innen durch Objekt, Text, Performance und Installation der Erzählung und fanden dabei zu ganz eigenen Narrationen, die nicht nur Fragen an die Handschrift stellten, sondern auch neue Zugänge ermöglichten. Die in der Ausstellung gezeigte Installation umfasste Arbeiten der beteiligten Schüler*innen der 2B der Mittelschule Peter Rosegger sowie Werke von Mirja Reuter und Florian Gass. Das Beteiligungsprojekt ist in enger Zusammenarbeit mit der Kulturpädagogin Anna Gabrielli entstanden. Mirja Reuter (1986*) wurde in Bamberg geboren. Sie hat bildende Kunst, Kunstpädagogik sowie Kunst und ihre Vermittlung an der Akademie der bildenden Künste München und an der Universität der Künste Berlin studiert. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Berlin. Florian Gass (1966*) wurde in München geboren und studierte an der Kunstakademie in München. Der Künstler lebt und arbeitet in Berlin.
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Ausstellungsansichten
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Eröffnung
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