Children’s Corner
Duration: 29.04 - 17.06.2007
Curator: Valerio Dehò
Ausstellung kuratiert von Valerio Dehò,
Archiv O’.P.L.A betreut von Marzia Corraini und Barbara Nesticò
In Zusammenarbeit mit der Stadtbibliothek Meran
Vom 29. April 2007 präsentiert kunst Meran die Ausstellung Children’s corner – Künstlerbücher für Kinder und Jugendliche. Das akzentuierte Ausstellungsprojekt geht aus einer Zusammenarbeit von kunst Meran, der Stadtbibliothek Meran und dem Archiv O.’P.L.A. hervor.
Im Jahr 1997 gewinnt, dank der Initiative der Stadtbibliothek Meran, das Archiv O.’P.L.A (eine Oase für Künstlerbücher) Konturen, mit der Aufgabe, Künstlerbücher für Kinder und Jugendliche zu einer einzigen Sammlung zusammenzufassen. Nach nunmehr 10 Jahren zählt das Archiv nun eine beträchtliche Anzahl von Exemplaren und ist in kontinuierlicher Entwicklung begriffen. Das Engagement von Seiten der Bibliothek bürgt für ständig neue Ankäufe und kontinuierliche Initiativen.
Ausgehend von der Sammlungsaktivität des Archivs Oplà hat Valerio Dehó, künstlerischer Leiter von kunst Meran und Kurator der Ausstellung, eine Reihe von Beispielen ausgewählt, die als Richtschnur und Einordnungsparameter dienen können. Mit einer Spannbreite, die von den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts bis hinauf in unsere Zeit reicht, bewegt sich der Parcours’ der Ausstellung zwischen den berühmten Namen der internationalen Kunst- und Designgeschichte, ohne darum die an die Provinz Bozen gebundenen Künstler zu vernachlässigen. kunst Meran setzt sich seit jeher dafür ein, die Aktivität jener
Der illustre Kreis der ausgewählten Künstler umfasst Bücher und Werke von: Alighiero Boetti, Sonja Delaunay, Keith Haring, Emilio Isgrò, Marcello Jori, El Lissitzky, Bruno Munari, Joan Mirò, Marco Nereo Rotelli, Elisabeth Oberrauch, Luigi Veronesi und Andy Warhol.
Die Künstlerbücher werden durch Werke der nämlichen Künstler kontextualisiert, wodurch den Besuchern die Möglichkeit gegeben wird, die zwischen Kunst und Kindheit stattfindende Interaktion besser zu verstehen und nachzuvollziehen, wie die entscheidenden Merkmale der einzelnen Künstler sich in ihrer Produktion niederschlagen können oder wie geläufige stilistische Lösungen zugunsten von Experimenten auf neuem Terrain aufgegeben werden können.
Es gibt auch Beispiele für eine doppelte Funktion der Künstlerbücher: nicht nur als Buch, sondern auch als Kunstwerk im eigentlichen Sinn, wie im Fall von El Lissitzky und Mirò, deren erste Künstlerbücher (respektive zwischen 1922 und 1928 realisiert) im Rahmen der Ausstellung in Originalausgaben eingesehen werden können.
Ein Teil des Archivs wird über die Ausstellungsräumlichkeiten von kunst Meran zugänglich sein, dem Besucher einen physischen Einblick in das Archiv von O’.P.L.A gestattend, in dem er sowohl in multimedialer als auch in realer Form blättern kann. Das Archiv ist auch auf einer CD-Rom dargestellt und kann somit auch multimedial benutzt werden.
Ein ganzes Stockwerk wird überdies dem Beitrag von Michelangelo Pistoletto und Cittadellarte gewidmet sein, die das Zeichen des dritten Paradieses (il segno del Terzo paradiso) präsentieren, eine Struktur aus Pappmaché, die zum Murmelspiel verwendet werden kann. Der Künstler beschreibt sein Projekt folgendermaßen: “das herkömmliche Unendlichkeitssymbol zog mit einer einzigen Linie zwei Schleifen, das neue Unendlichkeitsymbol weist nicht zwei, sondern drei Schleifen auf. Die mittlere unter ihnen stellt einen schwangeren Bauch dar, der durch die Zusammenführung der zwei Schleifen hervorgebracht wird, die das alte Symbol ausmachten. Dieser Bauch stellt die Zeugung des Dritten Paradieses dar."
Cittadellarte – Fondazione Pistoletto wird 1998 gegründet, um dem Manifesto Progetto Arte, in dem sich der Künstler noch einmal von einer ganz neuen Seite zeigt, einen Entfaltungsraum zu bieten. Es handelt sich um ein weit gefasstes Laboratorium, in dem die Kreativität das Sagen hat und das einen Anknüpfungspunkt zwischen diversen kulturellen, wirtschaftlichen und
herstellenden Sektoren bietet. Die Aktivität ist um ein Konzept der kreativen Mitbeteiligung herum erarbeitet, in dem die Kunst direkt mit den diversen Dimensionen des sozialen Systems interagiert.
Die Ausstellung findet zu einem für die Stadt Meran ganz besonderen Zeitpunkt statt, denn genau am 27. April startet Meranflora und die Promenade am Ufer der Passer wird Schauplatz der lange erwarteten 12. Ausgabe der Meraner Kermesse sein, die sich wie immer als das bedeutsamste Schaufenster für ornamentalen Blumen und Pflanzenschmuck darstellt. Auch dieses Jahr handelt es sich um eine Ausstellung, die reich an innovativen Lösungen ist, bestimmt durch das Thema „ART & ENERGY“, das besonderes Augenmerk auf die Natur und ihre Gewalten legt und in den gezeigten Installationen die elementaren Gegebenheiten und Bedingungen von Wind und Wasser ausnützt.
Auch kunst Meran wird auf der Promenade präsent sein, und zwar mit einer Installation, die eng an die Ausstellung Children’s corner geknüpft ist. Der Meraner Stefan Pircher hat ein großes dreidimensionales Buch entworfen. Die Holzstruktur wird zum Teil mit Gras bedeckt und im Inneren mit Sand ausgelegt sein, wobei die Kinder spielend ihre eigenen Geschichten aufschreiben und ihre persönlichen Kunstwerke schaffen können. In Zusammenarbeit mit der Kurverwaltung präsentiert kunst Meran, im Lesesaal des Pavillion des Fleurs, darüber hinaus die Ausstellung von Ivo Mahlknecht mit dem Titel „Schöne Blume“.
Die Idee zur Ausstellung entspringt also dem Bedürfnis, dem Projekt größere Sichtbarkeit zu verleihen und die Beziehungen zu beleuchten, die zwischen Kunst und Kindheit bestehen.
Die Verbindung zwischen der Kunst und dem Kindlichen ist von großer anthropologischer Tiefe und stellt eine der wichtigsten kulturellen Voraussetzungen vor allem der künstlerischen Avantgardebewegungen des 20. Jahrhunderts dar. So lässt sich behaupten, dass das gesamte vergangene Jahrhundert ganz nachdrücklich auf die Kunst als Fähigkeit zur Erneuerung der Sicht auf die Wirklichkeit bestanden hat, als Fähigkeit, einen unschuldigen und somit absolut „unverbrauchten“ Blick auf die Dinge der Welt zu werfen, ausgehend eben von der Sichtweise der Kinder.
In der Tat haben insbesondere die historischen Avantgarden vom Futurismus bis zum Surrealismus, die Welt der Kinder als Universum der unendlichen Möglichkeiten ins Licht der Aufmerksamkeit gerückt: Möglichkeiten, die schließlich in der Erwachsenenwelt verschüttet und vergessen werden. In gewisser Hinsicht ist die Wiederaufwertung der Kindheitswelt zum Moment der Befragung der Kunst selbst geworden, als anarchische und nicht reglementierte Sichtweise auf die Welt.
Somit hat sich nicht nur die Parallele zwischen Kind und Künstler das ganze 20. Jahrhundert hindurch gehalten, sondern auch die Wichtigkeit der Tätigkeit des Spiels, als an das Lernen geknüpfter und für die Herausbildung einer eigenen Weltanschauung wichtiger Aspekt, ist offenkundig geworden. Spielen ist Lernen, es ist ein Element, das Tier und Mensch verbindet, und diese Nachahmung des Lebens eröffnet einen Raum, um die Phantasie des Kindes und seine symbolische Fähigkeit anzuregen. Kunst und Spiel werden verstanden als Eckpfeiler der Erkenntnis, und ihre Organisation und Weitergabe in Form von Sprache ist eine der Aufgaben einer Didaktik, die die tiefsitzenden Neigungen des Individuums am besten anregen und fördern will.
Wenn die Kenntnis einer Kultur, die auf Büchern und dem geschriebenen Wort basiert, einer Konkretheit bedarf, um das Wissen zu sedimentieren, bündelt die künstlerische Kreativität mittels des “Kunstbuchs” Denken und Handeln, Lesen und “Tun”. Insofern ist es kein Zufall, wenn zahlreiche Künstler das ganze vergangene Jahrhundert hindurch und freilich noch heute, nach wie vor viel Energie in das Kunstbuch investieren, das sich an ein kindliches Publikum wendet. So wird die Umsetzung von speziell an Kinder adressierten Arbeiten zu einer Art Probe aufs Exempel, zu einem Prüfstein für den Künstler selbst: der sich auf ein neues Terrain einlässt: schlicht und frei von Kompromissen.