DAS KUNSTWERK DER WOCHE

Ein Streifzug in Bildern und Worten durch die Ausstellung „Kultur in Bewegung: Meran 1965–1990“

Oswald Oberhuber, ohne Titel (Rote, kleiner werdende Flecken auf weißem Grund), 1987

Das Werk dieser Woche ist die Arbeit “ohne Titel” von Oswald Oberhuber. Oberhuber war gebürtiger Meraner, lebte in Wien und war unter anderem bei bedeutenden internationalen Ausstellungen wie der Biennale von Venedig und der Documenta von Kassel beteiligt. Die Familie Oberhubers hatte 1940 optiert, Meran war Oberhuber zeitlebens jedoch sehr verbunden geblieben. 1987 hatte ihn der Kleine Kunstpalast zu einer Einzelausstellung eingeladen. Aus diesem Anlass entstand eine Serie von Leinwänden mit Acrylmalerei in denen Oberhuber die Möglichkeiten und Grenzen der Bildträger fein ausgelotet hat.

Markus Neuwirth, Co-Kurator der Ausstellung schreibt darüber in seiner Abhandlung über Oberhuber:

"Vom 4. bis zum 24. April 1987 fand im Kleinen Kunstpalast in Meran die Ausstellung Oberhubers statt. (…) Oberhuber nutzte seine Präsenz, um im Kleinen Kunstpalast 20 Leinwände 100 x 70 cm öffentlich über drei Tage lang zu bemalen. Mit dieser Aktion umging man gleichzeitig die mühsame und zeitraubende Bürokratie beim Grenzübertritt von Kunsttransporten, die damals noch einen erheblichen, bremsenden Aufwand im Ausstellungsgeschehen bedeuteten. Die Reihung der gleichen Formate hat Oberhuber herausgefordert.
In seiner mit schlechten Erinnerungen behafteten Heimatstadt geht er zurück an den Start. Die Tabula Rasa der 20 leeren Leinwände führt ihn dazu, den Bildbegriff selbst in Angriff zu nehmen. Er arbeitet an einer Zeichnung, die leicht ein- und ausschwingend dem Bildformat folgt. Ein scheinbares Fenster im Fenster."

Markus Neuwirth, Oswald Oberhuber. Bildhunger und konstruktiver Gedanke, in Markus Neuwirth, Ursula Schnitzer, "Kultur in Bewegung. Meran 1965-1990", Kunst Meran Merano Arte 2020.